Von Sighardt Neckel, Universität Hamburg

Den Klimawandel und die ökologische Krise erfassen wir nicht nur rational mit unserem Verstand, sondern auch mit unseren Gefühlen. Extreme Wetterereignisse und mediale Berichte über die katastrophalen Folgen der Erderwärmung lösen eine Vielzahl von Emotionen in uns aus – Angst, Trauer, Wut und nicht zuletzt auch Scham- und Schuldgefühle. Emotionen spielen eine wichtige Rolle, soll sich die Klimakrise im Bewusstsein von Menschen tatsächlich verankern. Und so setzt die Klimabewegung darauf, auch die Gefühle der Menschen zu erreichen. Doch Gefühle sind ebenfalls an der Verdrängung ökologischer Gefahren beteiligt und bei der Sehnsucht nach einer Normalität, in der der Klimawandel am besten gar nicht vorkommen soll. Mit der Emotionalisierung der Klimakrise sind daher ambivalente Prozesse verbunden, die sowohl ihrer Bewusstwerdung dienlich sind als auch ihrer Realisierung entgegenstehen können. So verweisen ethnographische Forschungen zur Leugnung des Klimawandels darauf, dass bestimmte Formen eines lokalen „Emotionsmanagements“ dazu verleiten, bedrohliche Entwicklungen zu ignorieren, um unangenehme Gefühle zu vermeiden. Ähnlich spricht in ihrer Studie über die politische Rechte in den USA die amerikanische Soziologin Arlie Hochschild von einem „Politik-Umwelt-Paradox“, um die Verdrängung ökologischer Gefährdungen durch politische Anhänger der Republikaner zu erklären: Je desaströser die Umweltsituation in Bundesstaaten wie z.B. Louisiana ist, umso entschiedener wird jedwede Umweltpolitik abgelehnt. Solche Reaktionsweisen entstammen einem politischen „mindset“, in dem das Eingeständnis von Umweltgefahren gleichbedeutend damit ist, dem politischen Gegner ungewollt Recht geben zu müssen. Die Verleugnung der Wirklichkeit kann aber auch in der Negativität bestimmter Emotionen selbst begründet sein, wie etwa bei Scham oder Angst, denen man sich nicht aussetzen möchte. Die affektive Aufladung der Klimakrise stellt sich dann als ein mentales Hindernis ihrer Bewusstwerdung dar, wenn sich etwa Angst in innere Weltflucht verwandelt und Menschen sich mehr mit der Bewältigung ihrer Angstgefühle befassen als mit der Bekämpfung der Klimakrise.