von Sandra Huning (Bauhaus-Universität Weimar, TU Dortmund)

Stadtplaner*innen haben es mit „bösartigen Problemen“ zu tun. Diese sind u. a. dadurch gekennzeichnet, dass sich schon die Problemdefinitionen für planerischen Handlungsbedarf bei den beteiligten Akteuren unterscheiden können, dass es nie die eine richtige Lösung gibt (nur bessere oder schlechtere) und dass die Folgen einer planerischen Entscheidung in der Regel nicht vollständig absehbar sind. Vor diesem Hintergrund ist leicht zu erklären, weshalb es bei der Erstellung und Erörterung von Plänen und Projekten immer wieder zu Konflikten kommt. Anders herum argumentiert, ist Planung aber auch selbst ein Mittel der Konfliktprävention und Konfliktlösung, indem sie nach Abstimmung mit möglichst allen Beteiligten den Rahmen für zukünftige Stadtentwicklung und Flächennutzung steckt. Als Querschnittsdisziplin vermittelt sie zwischen Fachdisziplinen, Akteuren und räumlichen Ebenen. Deren Zielstellungen sind nicht immer miteinander vereinbar, sondern im Rahmen der konkreten Planung jeweils bezogen auf den spezifischen Kontext sachlich und fachgerecht abzuwägen. Da es immer auch um materielle und immaterielle Werte geht, sind Zielkonflikte vorprogrammiert und planerische Vorhaben häufig umkämpft.

Ein Beispiel für einen solchen planerischen Zielkonflikt ist die Flächeninanspruchnahme zur Schaffung neuen Wohnraums bei gleichzeitig notwendiger Erhaltung von Freiflächen für Naherholung, Klimaschutz und Klimaanpassung. Einerseits sind Kommunen im Sinne des bundespolitischen Ziels, jährlich 400.000 neue Wohnungen neu zu bauen, angehalten, Flächen dafür auszuweisen. Andererseits gilt es, den Flächenverbrauch zu reduzieren und Flächen zu sparen, d. h. Siedlungsflächen eher zu „recyclen“ als neue zu schaffen (z. B. im Sinne der Vorgaben der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung). Dadurch sollen Klimaschutz und Klimaanpassung vorangetrieben werden, z. B. durch das Schaffen von Frischluftschneisen, Versickerungsflächen oder Flächen zur Kühlung der Umgebungstemperatur. Anhand dieses Zielkonflikts gehen wir im Teilvorhaben Planung des LoKoNet-Verbunds unseren Forschungsfragen zu Planungskonflikten nach. Denn die Emotionen kochen häufig hoch, wenn auf lokaler Ebene solche Konflikte verhandelt werden. Dabei sind Proteste vor allem von Bürger*innen zu erwarten, die mehr oder weniger direkt von einem Planungsprozess betroffen sind. Das Vertrauen gegenüber planerischen und politischen Akteuren hat offenbar abgenommen, wie sich auch in anderen LoKoNet-Teilvorhaben zeigt, so dass Bürger*innen heute schnell geneigt sind, ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen und Planungen ganz grundsätzlich in Frage zu stellen. In der Folge steigt der Aufwand für Planer*innen, ihre Entscheidungen zu legitimieren.

Bis hierher lässt sich festhalten, dass Planung sowohl Konflikte erzeugt als auch Konflikte vorzubeugen und zu bearbeiten hilft. Darüber hinaus handelt es sich um ein politisches Handlungsfeld, in dem auch überlokale und grundsätzliche gesellschaftliche Debatten (wie z. B. um die Zukunft des Einfamilienhauses) ausgetragen werden. Stadt- und Raumplanung verfügen über institutionalisierte Verfahren für transparente Entscheidungsprozesse, um einen formalen Handlungsrahmen für die Stadt- und Raumentwicklung zu schaffen. In einem zunehmend emotionalisierten gesellschaftlichen Diskursraum steht die Legitimität dieser Verfahren und der dabei zustande kommenden Entscheidungen jedoch immer wieder in Frage. Planer*innen müssen Wege finden, damit umzugehen: sowohl mit Bezug auf das professionelle Selbstverständnis als auch hinsichtlich der etablierten Verfahren und Institutionen. Die TU Dortmund möchte mit ihrer Fallstudie diese Herausforderung analysieren und besser verstehen helfen sowie einen Beitrag dazu leisten, Handlungsmöglichkeiten zu erkennen.